Blutsauger DFB

Von Walther Seinsch

Der F.C. Augsburg hatte sich im Jahr 2000 sportlich für die 3. Liga qualifiziert, erhielt aber, weil der Hauptsponsor abgesprungen war, keine Lizenz. Die Verschuldung des Clubs lag deutlich über drei Millionen Deutsche Mark.

Der neue Vorstand ging auf Betteltour und erreichte bei den Gläubigern den Verzicht von neunzig Prozent ihrer Forderungen; zwei festangestellte Mitarbeiter mussten entlassen werden; es gab keinen Manager und die Arbeit musste von Ehrenamtlichen geleistet werden, die teilweise fünfzig Stunden pro Woche zur Verfügung standen; die Kaffeemaschine und das Klopapier wurden von zu Hause mitgebracht und der Präsident genierte sich nicht, am Spieltag vor den Kassen den Dreck wegzufegen.

Jede Mark musste zweimal umgedreht werden; dabei fielen die Kosten für den Spielbetrieb besonders stark ins Gewicht: Verbandsabgaben, Schiedsrichterkosten, Spielabgaben, Meldegebühren, Ordnungsgelder, Verfahrensgelder, Bußgelder, Genehmigungsgebühren für Veranstaltungen usw. usw.

Ich war neu in diesem Ehrenamt und völlig naiv, weil ich in die Zentrale des Bayrischen Fußballverbands nach München fuhr, um eine Befreiung von einem Teil dieser Kosten zu erreichen; vom Verbandspräsidenten Dr. Koch, den ich später als eitlen und ignoranten Funktionär kennenlernen durfte, wurde ich natürlich nicht empfangen und die Mitarbeiter hatten nur ein müdes Lächeln für mich übrig.

Im Laufe der Zeit und nach der Teilnahme an DFB-Tagungen wurde mir dann klar, dass der DFB sich einen Dreck um die Nöte und Probleme der Amateurvereine scherte (mir wird jetzt noch übel, wenn ich daran denke, dass wir auf Tagungen von Filmsternchen-Hostessen empfangen wurden). Mein Fußballverband hatte sich von Erich Honecker und Konsorten abgeschaut, wie man sich selbst den Bauch vollschlägt und das Volk (sprich die Vereine) darben lässt.

Bei der herausragenden Fußball-Zeitschrift „Kicker“ möchte ich mich ausdrücklich bedanken, dass er in der Serie „Der Riss. Vereine – Verbände“ diesen ganzen Wahnsinn einschließlich der Bereicherung von angeblich ehrenamtlichen Funktionären aufdeckt. Diese Serie muss jeder Fußballfan lesen! Wir geben hier einige Themen wieder:

  • Auf die vor allem finanziellen Nöte der Amateurvereine reagierte der DFB nicht mit Kostensenkungen, sondern mit einem „Masterplan Amateurfußball 2013 – 2016“, der zunächst dazu führte, dass das Personal auf den Geschäftsstellen erhöht werden musste. Die Vereine erhielten vom DFB bunte Kampagnenplakate und einen bunten Karton mit Trainingsleibchen, DFB-Pins, DFB-Aufkleber, ein Blechschild mit dem Wappen der Landesverbände usw. Profitiert haben wieder nicht die Vereine sondern die Werbeagentur des DFB. Die Kampagne war ein Fiasko. Das hindert den DFB-Präsidenten Grindel nicht, den „Masterplan 2017 – 2019“ mit der folgenden Ankündigung zu verkaufen: „Wir verpflichten uns, nicht nachzulassen in unserem Bemühen, den Amateurfußball in den Vereinen so gut und so nachhaltig wie möglich zu unterstützen.“ Für diese Kampagnen hat der DFB in den vergangenen Jahren Millionen Euro ausgegeben.
  • Die Verbände drehen ständig an der Gebührenschraube. Beispiel: Im Landesverband Niedersachsen sind per 1. Januar 2017 erneut die Passgebühren für die Zulassung jedes Jugend- und Amateurspielers erhöht worden. (Warum Passgebühren? Sollte man nicht jedem, der zu uns kommt, dankbar sein?)
  • Ist die als „Jahrhundertwerk“ deklarierte Fußball-Akademie in Frankfurt notwendig? Die ursprünglich geplanten Kosten von 90 Millionen Euro werden natürlich weit übertroffen.
  • Die Spitzenfunktionäre der Fußballverbände propagieren in Sonntagsreden das Ehrenamt und immer wieder neue Aktionen – verdienen dabei über ihre Tätigkeit im Fußballgeschäft aber m e h r Geld als in ihren vorher ausgeübten Berufen, z.B. über eine Doppeltätigkeit als Spitzenfunktionär in einem Verband und Teilzeitarbeit in ihren eigentlichen Berufen als Lehrer, Richter oder Versicherungskaufmann; Verdienstausfall, Aufwandsentschädigungen, Sitzungsgelder, Dienstfahrzeuge und vieles mehr addieren sich locker zu sechsstelligen Zahlungen im Jahr für die Ehrenamtlichen.
  • Die Bürokratie nimmt absurde Dimensionen an; so umfassen die wöchentlich publizierten „Offiziellen Mitteilungen“ des Fußballverbands Westfalen vom 18. November 2016 sagenhafte 354 DIN-A4-Seiten und jene vom 25. November 235 Seiten; dort geht es um eintausend (!!!) Entscheidungen und Bescheide über Spielabgaben, Meldegebühren, Ordnungsgelder, Verfahrensgelder, Bußgelder, Geldstrafen, Genehmigungsgebühren für Veranstaltungen und vieles mehr; der Bußgeldkatalog für den Straßenverkehr nimmt sich dagegen wie ein Reclam-Heftchen aus.
  • Die Amateurvereine werden dazu gezwungen, Gebühren für die Trikotwerbung zu bezahlen. Reine Abzocke !!
  • Elf Vereine, die ein Ü-32-Turnier ausrichteten, mussten jeweils e i n e n Cent Startgebühr bezahlen; nachzulesen auf Seite 147 der Offiziellen Mitteilungen des Fußballverbandes.
  • Zweimillionenfünfhunderttausend Euro investierte der DFB in die von einer Werbeagentur erstellte Kampagne „Unsere Amateure. Echte Profis.“
  • Der Südwestdeutsche Fußballverband vermietet seit den 60ern Fußballplätze an Vereine und dreht massiv an der Preisschraube. So hat der Bezirksligaaufsteiger TuS Bedesbach-Patersbach mit seinen 500 Mitgliedern die Sanierung des maroden Fußballplatzes ermöglicht, indem ein Hybrid-Rasen für 250000 Euro installiert wurde; der Club beteiligte sich mit 70000 über einen Kredit und eine Spendenaktion brachte 60000 Euro. Der Südwestdeutsche Fußballverband erhöhte daraufhin die Pacht um 350 Euro pro Jahr. Der TuS-Vorstand protestierte schriftlich gegen die Erhöhung und erhielt von einem vom Verband beauftragten Anwalt eine Kündigungsdrohung!!!
  • Der VfB Peine hat einen Gesamtkostenetat von 88630 Euro ; davon entfielen auf Schiedsrichterkosten 5500 Euro, auf Strafgelder 1200 Euro, auf Verbandsabgaben 4700 Euro.
  • Drei Gebührenbeispiele:
    • Der SSV Kalthof zahlte 32,10 Euro gemäß § 65 (1-3) SpO für eine Veranstaltungsgenehmigung „Senioren Integrationsturnier der Stadt Iserlohn“.
    • Der SV Schmerlecke 1920 zahlte 118 Euro Gebühr nach § 12a Dufü: Spielabgaben-Meisterschaftsspiele der Kreisliga A.
    • Und SUS Legden 1911 zahlte sieben Euro und fünfzig Cent Ordnungsgeld nach § 30 (4) gJSpO für unvollständiges Ausfüllen des Spielberichts.

Willkommen im Land A b s u r d i s t a n!!!